Part 1: Mein Weg zur Selbstakzeptanz: Wie ich lernte, meine Hochsensibilität als Stärke zu sehen

Zurück in die Kindheit: Die Welt durch meinen Geruchssinn

 

Schon als Kind war ich anders – anders im Sinne von „besonders empfindlich“, vor allem was Gerüche anging. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie ich das kleinste Detail in der Zubereitung unseres Essens wahrnahm. Wenn meine Mutter die Gurken für den Salat schnitt und das Messer dann für die Tomaten nutzte, ohne es vorher abzuwaschen, war es für mich unmöglich, das nicht zu schmecken. Der Geschmack war so intensiv, dass der ganze Salat für mich ungenießbar wurde. Ihr Geruch störte mich damals so stark, dass ich den Salat oft gar nicht mehr weiteressen konnte.

 

Zusätzlich dazu war ich schon früh sehr hilfsbereit und bereit zu teilen, egal wie oft meine Sachen kaputt oder gar nicht mehr zurückkamen. Es tat mir fast körperlich weh, anderen nicht zu helfen, auch wenn es oft zu meinen eigenen Lasten ging. Trotzdem blieb ich in der Schule die Außenseiterin. Ich versuchte, mich anzupassen, wollte Teil der Gruppe sein, aber irgendwie passte ich einfach nicht in das Bild, das die anderen Kinder von einer „Freundin“ hatten. Wahrscheinlich war ich mit meinem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und meiner Wahrnehmung, die Dinge klar und direkt benannte, für manche Kinder zu unbequem oder „zu anders“.

 

 

Mittelschule: Zwischen Leistungsdruck und Selbstzweifeln

 

In der Mittelschule wiederholte sich dieses Muster, und ich begann zu glauben, dass ich nur durch gute Noten Anerkennung finden könnte. Eine schlechte Note war für mich gleichbedeutend mit persönlichem Versagen. Ich setzte mich dadurch selbst so unter Druck, dass ich sogar weinte, wenn eine Klausur nicht gut lief. Wahrscheinlich stand ich mir durch diesen enormen Druck oft selbst im Weg. Es war auch die Zeit, in der mir meine starke Intuition zum ersten Mal bewusst wurde. Ich begann, Dinge vorauszuahnen, die in der Zukunft passieren würden. Leider sahen das andere nicht so und redeten mir ein, ich sei einfach nur „pessimistisch“. Ich wusste damals nicht, dass meine Fähigkeit, Dinge intuitiv zu erfassen, nichts mit Pessimismus zu tun hatte. Stattdessen nahm ich das Urteil der anderen an und fügte meinem „Anderssein“ nun auch das Label „Pessimistin“ hinzu. Es war der Beginn einer Zeit, in der ich mich selbst immer mehr hinterfragte und die Außenseiterrolle endgültig satt hatte.

 

 

Teenagerjahre: Auf der Suche nach Zugehörigkeit

 

In meinen Teenagerjahren sehnte ich mich nach einem Ort, wo ich wirklich dazugehören konnte. Trotz einer liebevollen Familie und meinen 1-2 engen Freunden wollte ich endlich einmal das Gefühl erleben, wirklich Teil einer Gemeinschaft zu sein. So fand ich mich in einer Gruppe wieder, die damals wahrscheinlich alle dasselbe suchten wie ich: Akzeptanz und Zugehörigkeit. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass ich akzeptiert wurde – auch wenn ich dafür eine Rolle spielte, die mir nicht wirklich entsprach. Ich passte mich an und wurde zu einer Person, die ich eigentlich nicht war. Diese Fassade hielt jedoch nicht lange. Bald erkannte ich, dass diese Gruppe und das Leben, das ich dort führte, nicht das war, was ich wirklich wollte. Zum Glück konnte ich den Absprung rechtzeitig schaffen und lernte bald darauf neue Freunde kennen, von denen eine mir bis heute erhalten geblieben ist.

 

 

Erste Erfahrungen mit Empathie und dem „Helfersyndrom“

 

Kurz vor meinem 18. Geburtstag begann ich zu erkennen, wie stark meine Empathie ausgeprägt war – obwohl mir damals das Wort „Helfersyndrom“ noch unbekannt war. Ich wollte einem mir wichtigen Menschen um jeden Preis helfen und begann, so stark mitzuleiden, dass ich das sogenannte „Globusgefühl“ entwickelte: eine ständige, beklemmende Enge im Hals, als ob ich jeden Tag eine Schlinge um den Hals trüge. Dieses Symptom führte mich von einem Arzt zum nächsten, doch niemand konnte mir helfen. Erst nach langer Suche stieß ich im Internet auf die Beschreibung des Globusgefühls, die mein Empfinden genau traf. Nachdem ich mich schließlich von der belastenden Situation distanziert hatte, verschwand auch das Globusgefühl. Diese Erfahrung lehrte mich, dass ich die Gefühle anderer Menschen viel zu stark in mich aufnahm, ohne wirklich zu verstehen, warum.

 

 

Der Wendepunkt: Die Entdeckung meiner Hochsensibilität

 

Etwa zwei Jahre später kam ein Schlüsselmoment, der alles veränderte. Nach mehreren Situationen, in denen meine Intuition sich als richtig erwies, stellte ich fest, dass ich Menschen „lesen“ konnte, ohne ein Wort mit ihnen zu wechseln. Ich spürte ihre Stimmungen und nahm winzige Details wahr, die anderen verborgen blieben. Gleichzeitig nahm ich immer mehr Kritik an meinem Wesen wahr: „Sei nicht so kompliziert!“, „Du bist zu sensibel!“, „Warum siehst du alles immer so negativ?“. Schließlich schnappte ich mir mein Smartphone und begann zu recherchieren, was es mit mir auf sich hatte. Nach einiger Suche stieß ich auf den Begriff Hochsensibilität und schließlich auf das Buch „Außergewöhnlich Normal“ von Anne Heinze. In diesem Buch fand ich erstmals eine Beschreibung, die meinem Erleben entsprach. Endlich hatte ich einen Namen für mein Anderssein und fühlte eine enorme Erleichterung. Hochsensibilität erklärte vieles, was mich schon immer ausmachte. Zu diesem Zeitpunkt war es mir jedoch egal, wie ich mit meiner Sensibilität besser umgehen könnte – ich war einfach nur froh, dass ich nun eine Erklärung für all das hatte.

 

 

Junges Erwachsenenalter: Zweifel an meiner Intuition und Verlust der Verbindung zu mir selbst

 

In den darauffolgenden Jahren ließ ich mir jedoch immer mehr meine Hellsicht und Intuition absprechen. Es schien, als wäre jede Vorahnung oder intuitive Wahrnehmung ein Hirngespinst, und ich begann, diesen Gedanken Glauben zu schenken. Die Impulse, die ich spürte, empfand ich irgendwann selbst als übertrieben oder gar falsch. Dadurch verlor ich immer mehr das Vertrauen in meine eigene innere Stimme und begann, meine Hochsensibilität nicht mehr ernst zu nehmen. Ich versuchte, mich „normaler“ zu verhalten und in die Vorstellungen anderer zu passen – bis hin zu dem Punkt, dass ich mein intensives Fühlen mit Alkohol betäubte. Zum Glück entwickelte sich daraus keine Abhängigkeit, aber die Gefahr war da. Diese Phase brachte mich an einen Punkt, an dem ich mich fast verloren fühlte.

 

 

Winter 2022: Der Entschluss zur Veränderung

 

Im Winter 2022 fühlte ich mich ausgelaugt und erschöpft – nah an einem boreout-Zustand, der sich wie das Gegenteil eines Burnouts anfühlte. Ich realisierte, dass ich so nicht weitermachen konnte und dass sich etwas Grundlegendes in meinem Leben ändern musste. Dieser Entschluss wurde zum Wendepunkt für mich, und damit begann eine Reise der Selbsterkenntnis und Selbstakzeptanz, die ich mit allen Höhen und Tiefen erleben würde.

 

„In Part 2 teile ich die konkreten Schritte, mit denen ich es geschafft habe, meine Hochsensibilität anzunehmen und sie als besondere Stärke zu integrieren. Es war ein Weg der Selbstentdeckung, auf dem ich lernte, zu mir selbst zurückzufinden und mein ‚Anderssein‘ als Bereicherung zu sehen.“

 

 

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Danke fürs Lesen.

 

Deine Jasmin 

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